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Von Strickfehlern, viel Skepsis und einem Kopfproblem

„Ungeschickt und mit relativer Konzeptionslosigkeit gestartet“, ist der Weg zur gemeinsamen Schule für alle nun unwiderruflich eingeschlagen. Joachim Pfützner, Kreisverbands- und Fraktionschef der Linken in Elbe-Elster, begann die Podiumsdiskussion mit Kritik an der Landespolitik. Er bat die gut 30 Gäste im Haus des Gastes in Bad Liebenwerda, an diesem Freitagabend nicht alle Kritik auf die Gesprächspartnerin, die zweieinhalb Stunden aus Oranienburg angereiste bildungspolitische Sprecherin der Fraktion der Linken im Brandenburger Landtag, Gerrit Große, abzuladen. Deutliche Signale von der Basis an die in rot-roter Regierungsverantwortung agierende studierte Lehrerin gab es allemal.

Große räumte zunächst ein, dass die von der SPD-Bildungsministerin Martina Münch unabgesprochen mit den Regierungspartnern vorgelegte Zeitschiene, bis zum Jahr 2019 die Förderschulen abzuschaffen, nicht hilfreich gewesen sei. Auf Regionalkonferenzen, bei denen viel Kritik, aber auch der Wunsch vieler Eltern nach Inklusion laut geworden sei, habe man versucht, das wieder einzufangen.

Eine Startverschiebung auf das Schuljahr 2014/15 ist erfolgt, eine Expertenrunde und ein Runder Tisch zum Thema sind installiert. Gerrit Große: „Ich bin überzeugt, dass wir den Weg der Inklusion gehen müssen.“ Das sind aus ihrer Sicht die drei Gründe:

Wir sind aufgefordert durch die UN-Behindertenrechtskonvention – des Menschenrechts wegen.

Wir haben auf das demografische Echo zu reagieren, das uns, 2020 beginnend, einholen wird und noch einmal zu einem erheblichen Rückgang von Schülern führen wird.

Wir sind neben Österreich das einzige Land in Europa, das Kinder aussortiert.

Inklusion bedeute nicht sechs oder sieben Stunden gemeinsamer Unterricht in einer Klasse, in einem Raum. Es bedeute, Kinder mit unterschiedlichen Bedarfen über bestimmte Strecken in Gruppen zu unterrichten. Aber: die Rahmenbedingungen dafür seien noch nicht vorhanden.

Schon jetzt sei der Bedarf an Sonderpädagogen nicht gedeckt. Ab dem Jahr 2013/14 starte die Ausbildung von Förder- und Inklusionspädagogen an der Universität Potsdam. Mit den ersten Absolventen sei dann 2020 zu rechnen. Flächendeckend soll es an Allgemeinen Förderschulen ab dem Schuljahr 2014/15 keine 1. Klassen mehr geben, die Schüler würden schließlich 2017/18 in den weiterführenden Schulen ankommen. Und hier sei mit Oberschulen und Gymnasien ein Strickfehler im System. Karl-Ullrich Hennicke, langjähriger Leiter des Gymnasiums in Finsterwalde: „Man kann Inklusion nicht durchsetzen, wenn man über den Weg der Schüler nach der Grundschule nichts aussagen kann.“ Mit dem Blick auf ganz Deutschland forderte er: „Man sollte sich in der Kultusministerkonferenz abstimmen und den Bildungsföderalismus nicht auf die Spitze treiben!“

Misstrauisch sind die Praktiker in der Runde gegenüber der Aussage, die Schülerzahl solle bei 23 je Klasse liegen, bei 24 Schülern würden die Klassen geteilt. „20 Kinder je Klasse, das wäre stimmig“, so der erfahrene Schulleiter Uwe Mader. Er weist auf ein grundsätzliches Problem für alle Beteiligten hin. „Das ist eine Kopfsache für uns alle – nach mehr als 50 Jahren Sonderpädagogik. Der Zug nimmt auf einmal so viel Fahrt auf. Das ist unbefriedigend für alle.“ Und er erinnerte an eine Grunderkenntnis: „Kindern geht es gut, wenn es den Lehrern gut geht.“ Momentan sehe er jedoch viele sehr besorgte Kollegen. Auch mit dem Blick auf das Weiterbildungsprogramm. 60 bis 80 Stunden müssen von jedem Lehrer, der an einer inklusiven Schule arbeitet, innerhalb von zwei Jahren absolviert werden – an Wochenenden, in den Ferien? Gerrit Große räumte ein, dass auch sie eine Herausnahme der Lehrer aus der Schule für ein, zwei Semester für besser halten würde. „Doch das bekommen wir rechnerisch nicht hin", konstatierte sie.

Eine weitere, noch unerledigte Baustelle: Wie soll die Bewertung der Schüler erfolgen? Auch die derzeit aktuellen Rahmenlehrpläne seien nicht mehr nutzbar.

Und auf die Schulträger rollen ebenfalls neue Aufgaben zu. Schulen müssen für den inklusiven Unterricht präpariert sein. Joachim Pfützner kann sich den Widerstand aus den Reihen der Landräte erklären. In Elbe-Elster seien Millionen in die Schulen geflossen, jetzt müsse man wieder um- und ausbauen. Gerrit Große: „Der Bund ist da auch in der Verantwortung. Er müsste entsprechende Programme auflegen. Wir werden eine Bundesratsinitiative starten.“ Die Landtagsabgeordnete verknüpfte die Herausforderung, vor der die Kommunen stehen, mit der Entwicklung der Schülerzahlen: „Es muss ein neues Schulkonzept her, nicht alle Schulen können erhalten werden.“

Gabi Böttcher



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